TAG 14 - Sonnabend, 13. August 2011

Sisimiut   🇬🇱


POSITION: Länge 53°41'W, Breite 66°56'N

Wasser 5°, Luft 10°


In den letzten Wochen haben wir uns so an den Anblick von Treibeis und Eisbergen gewöhnt, daß sie beim Blick aus dem Restaurantfenster als normale Begleiterscheinung galten und nur noch außergewöhnliche Exemplare unsere Aufmerksamkeit erregen konnten. Heute morgen vermissen wir etwas. Das Meer ist wieder so, wie wir es früher kannten: Einfach nur blau.

 

Denn unser heutiges Ziel, die umtriebige Hafenstadt Sisimiut liegt nur noch knapp oberhalb des Polarkreises und kommt damit noch in den Genuss der letzten Golfstromausläufer, was sie zum nördlichsten ganzjährig eisfreien Hafen Grönlands macht. Dies fördert sichtlich Schifffahrt, Fischerei und Handel, sieht aber damit auch nicht mehr so klassisch grönländisch aus, wie wir es aus dem Norden gewöhnt sind. Doch der kolonialzeitliche alte Stadtkern -heute Museum- ist wohl das schönste historische Ortszentrum der ganzen Insel. In einem farbenfrohen Ensemble finden sich hier Kirche, Handelshäuser, Verwalterwohnhaus, Vorratsschuppen und Inuithaus versammelt. Der Eingang wird von einem typischen Walkieferportal gebildet, und hinter allem erhebt sich die malerische Silhouette des Hausbergs und Wahrzeichens Kællingehætten, welches soviel wie „Weiberkapuze" bedeutet.

 

Unser Lektor Hans Joachim Kürtz informiert uns anhand der vielen Exponate über den Alltag zu Zeiten der Saqqaq-Kultur vor vielen tausend Jahren. Wer dann weiter in die Stadt geht, kommt schon bald an den ersten Hundeplätzen in den Felsen vorbei. Erst ab hier, nördlich des auch als „Hundeäquators" bekannten Polarkreises, dürfen die grönländischen Schlittenhunde gehalten werden. Zu einem Schlittengespann gehören mindestens 10 Tiere, weshalb die grönländischen Hundehalter natürlich ein etwas anderes Verhältnis zu ihren Arbeitstieren haben, als der durchschnittliche europäische Hundefreund. Dann kommen wir ins moderne Stadtzentrum, das den Einwohnern Sisimiuts mit vielen Geschäften und sogar Cafes all das bietet, was wir auch von einer dänischen oder deutschen Kleinstadt erwarten würden. Die Stadt ist so weitläufig, das Hapag-Lloyd einen Shuttlebus gechartert hat, welcher uns in beständigen Runden vom Hafen zum Museum und auch ins Stadtzentrum bringt.

 

Direkt am Hafen liegt das Kunsthandwerkszentrum der Stadt, in welchem örtliche Künstler bei der Arbeit beobachtet werden können. Typischstes Erzeugnis sind die sogenannten Tupilaks - furchteinflößende Fabelwesen, welche einst von den Schamanen aus allerlei obskuren und unappetitlichen Dingen für bösen, arktischen Voodoo erschaffen wurden. Heute werden sie überwiegend aus Rentiergeweih geschnitzt und die Künstler versuchen sich gegenseitig mit immer grässlicheren Fratzen und Mischwesen zu übertreffen.

 

Wanderfreunde folgen Monika und ihren Kollegen auf die am Hafen gelegene Teleinsel, wo es nicht nur Gräber und Ruinen aus der uralten Geschichte dieses Ortes zu entdecken gibt, sondern auch viele kleine Blumen, welche zu dieser Jahreszeit noch immer in Blüte stehen. So grüßt uns nicht nur das lila Weidenröschen - die Nationalblume Grönlands - sondern wir finden auch Läusekräuter, Wintergrün und Rosenwurz. Über Stock und Stein führt uns der Pfad recht holperig querfeldein, aber das war mal etwas anderes als nur im Ort selbst unterwegs gewesen zu sein. Um 11:00 Uhr versammeln sich viele von uns am Museum da hier der Kirchenchor eine kleine Darbietung seines Oeuvres geplant hat. Die Grönländer haben sich extra fein angezogen und so können wir die farbenprächtigen Trachten der Frauen bewundern. Die männlichen Sänger tragen zwar ebenfalls Nationaltracht, aber bei Männern besteht diese nur aus einer schwarzen Hose und einem weißen Anorak.

 

Bevor wir dann gegen 13:00 Uhr Sisimiut verlassen, kommt noch ein Grönländer mit seinem Kajak ans Schiff gepaddelt und demonstriert uns in dem eisig kalten Wasser seine Künste. Da die Eskimos früher nicht schwimmen konnten, war es lebenswichtig für sie, ein gekentertes Kajak wieder aufzurichten - die legendäre Eskimorolle wurde geboren. Mittlerweile gibt es über 30 verschiedene Arten dieser Technik, je nach dem, wie und ob man sein Paddel dabei benutzt. Der Kajakfahrer zeigt uns etliche dieser Rollen, dreht sich mehrmals nacheinander und paddelt sogar ein Stück kopfüber. Nach 20 Minuten hat er mit Sicherheit steifgefrorene Finger, bekommt viel Applaus von Bord und verabschiedet sich.

 

Wieder draußen auf See haben wir erneut Zeit für einen Vortrag, und jetzt ist die Reihe noch einmal an Sylvia, welche uns auf die entgegengesetzte Seite des Globus entführt. Mit großer Begeisterung und vielen beeindruckenden Fotos berichtet Sie über die Antarktis. Dieser eisige und menschenfeindliche Kontinent ist für sie der schönste Platz auf Erden. Denn neben all den Eisbergen und Gletschern beherbergt er auch Unmengen von Tieren. Die HANSEATIC verbringt jeden Winter viele Wochen und Reisen im Tiefen Süden, um mit ihren Gästen Pelzrobben, Seeelefanten und natürlich viele Pinguinkolonien zu besuchen.

 

Am frühen Abend erreichen wir schließlich die Mündung des 160 Kilometer langen Søndre Strømfjords  und  beginnen damit den unweigerlich letzten Abschnitt unserer Seereise. Es lohnt sich weiterhin ein Blick auf die Berglandschaft, die hier von mächtigen Basaltgängen durchschlagen wurde, was zu interessanten grafischen Mustern führt. Langsam wird es allerdings auch Zeit die Koffer zu packen ...